„Zugewandt, herzlich, humorvoll.“

Jens-Martin Kruse, Hauptpastor St. Petri Hamburg, erinnert sich gerne an seine Begegnungen mit Papst Franziskus. Kruse war 2008 bis 2017 Pfarrer der ev.-luth. Kirchengemeinde in Rom.

Ein schwarz gekleideter evangelischer Pfarrer sitzt neben dem weiß gekleideten Papst

Jens-Martin Kruse, Pfarrer der ev.-luth. Christuskirche Rom und Papst Franziskus 2015 bei einem ökumenischen Gottesdienst.

Ich bin Papst Franziskus sehr häufig begegnet. Das erste Mal am 10.3.2013, bei einem Treffen für die ökumenischen Gäste, die an seiner Einführung teilgenommen haben. Da ich unter den vielen Vertretern der Weltchristenheit einer der wenigen gewesen bin, der mit dem Papst auf Italienisch sprechen konnte, haben wir uns gleich gut verstanden. Von daher an bin ich ihm bei sehr vielen ökumenischen Gelegenheiten begegnet. Von der ersten Begegnung an war klar: Er ist eine sehr außergewöhnliche Persönlichkeit. Zugewandt, herzlich, humorvoll, mit sehr viel Nähe und Verständnis, mutig und weitsichtig in ökumenischen Dingen, ein großartiger Theologe und Seelsorger. Ich bin von Herzen dankbar, dass ich ihn kennenlernen durfte und bis heute in Kontakt mit ihm bin. Seine Texte, Predigten, Enzykliken lese ich nach wie vor mit großem Gewinn und halte sie für die wichtigsten geistlichen Texte der Gegenwart. 

Papst Franziskus hatte schon in Argentinien sehr gute Beziehungen zu lutherischen Kirchen und Geistlichen. Das ist lange Zeit in Europa nicht bekannt gewesen. In einem Interview im Vorfeld zur Lund-Reise 2016 hat er davon in der „Civiltà Cattolica“ erzählt. Von der sogenannten Balkonszene am Abend seiner Wahl am 13.3.2013 an hat Papst Franziskus entscheidende Akzente in der Ökumene gesetzt, und er ist bis heute auf der Weltebene derjenige, der wie ein Lotse die Ökumene durch stürmische Zeiten leitet. Mit dem Besuch in der Christuskirche Rom mit dem Gastgeschenk eines Abendmahlskelches (2015) und dem Ökumenischen Gottesdienst in Lund (2016) hat er mit Blick auf die lutherischen Kirchen Impulse für eine Vertiefung der Gemeinschaft zwischen unseren Kirchen gesetzt, deren Potential noch lange nicht ausgeschöpft ist. 

Von dem Pontifikat von Papst Franziskus werden eine Fülle und ein großer Reichtum an inhaltlichen Akzenten, Impulse und Veränderungen bleiben. Das gilt z. B. für sein ökumenisches Engagement, das Eintreten für eine Kirche der Armen, die synodale Neuausrichtung der römisch-katholischen Kirche, die großen Enzykliken „Laudato Si“ und „Fratelli tutti“, mit denen Papst Franziskus wegweisende Impulse für den Klimaschutz und einen von Geschwisterlichkeit und am Gemeinwohl orientierten Lebensstil gegeben hat. Und es bleiben die vielen, wirklich spektakulären Reisen – in den Irak (2021), in den Südsudan (2023), nach Indonesien, Ost-Timor, Papua-Neuguinea und Singapur (2024), das Dokument von Abu Dhabi (2019), die Treffen mit Patriarch Bartholomäus z. B. in Jerusalem (2014) und auf Lesbos (2016), die erste Reise nach Lampedusa (2013).