Gemeinhin wird nicht nur das eigentliche Gebet (also der Akt des Betens) als Friedensgebet bezeichnet, sondern die Gesamtveranstaltung (Gottesdienst, Andacht, Mahn- und Gedenkveranstaltung …), die im Zeichen eines Friedensgebetes steht. Damit steht das Friedensgebet als jüngere liturgische Erscheinung in der eigentümlichen und prinzipiellen Spannung aus Öffentlichkeit und Innerlichkeit, aus Zusammenkunft und Auseinandersetzung, aus Bekenntnis und Fürbitte. Es tut der Veranstaltung gut, der inneren Logik und der äußeren Form nach klar zu unterscheiden, wann man sich in einer Gebetshaltung befindet, wann in einer Bekenntnisposition und wann man sich in einem politischen Rahmen aufhält.

Im öffentlichen Gebet liegt eine Brisanz, die aus christlicher Perspektive nicht zu unterschätzen ist. Das Gebet muss vor Vereinnahmung beschützt werden, wann immer man sich im Namen Gottes versammelt. Daher kann ein Gebet nicht der Selbstvergewisserung darüber dienen, ob man auf der richtigen Seite steht. Es gilt zu vermeiden, dass das Gebet als bloßes Bestätigungsgebet über eine argumentative Einigung herhalten muss oder für sonstige Legitimierungen gebraucht wird.

Angesichts der häufig furchtbaren Anlässe für Friedensgebete gibt es Redebedarf darüber, was in der Welt passiert. Es ist menschlich, dass man versucht zu verstehen, was sich zugetragen hat, und sich zu positionieren angesichts der Unübersichtlichkeit und der Schnelllebigkeit der Ereignisse. Ein Gebet kann aber keine schnellen Antworten darauf geben, es ist kein funktionales Programm und kein Kampf um die Deutungshoheit, sondern eine gemeinsame Sprachsuche, gegenseitiger Trost und Fürbitte. Im Gebet kann kaum mehr festgestellt werden als die eigene Sprachlosigkeit vor Gott.

Handreichung „Liturgien des Friedens“

Daniel Walther, wissenschaftlicher Mitarbeiter am Liturgiewissenschaftlichen Institut der VELKD in Leipzig, hat mit der Handreichung „Liturgien des Friedens“ einen Wegweiser für die Vorbereitung eines Friedensgebetes erstellt. Darin gibt es nicht nur Anregungen und Ideen zur Durchführung eines Friedensgebetes, sondern auch Informationen und Hintergründe zu Motivation und Vorbereitung.

Die Handreichung steht kostenfrei zum Download zur Verfügung.