Paulus ermahne mit seinem Brief an die Gemeinde in Korinth „zu einem liebevollen Umgang“ untereinander, so der ehemalige Leiter des Amtsbereichs der VELKD, Dr. Horst Gorski in seiner Lesepredigt zum Neujahrstag. Denn in der Gemeinde sei es wohl recht ruppig zugegangen; man habe sich über alle möglichen Themen rund um den Glauben an Jesus Christus gestritten. „Es »menschelt« von Anfang an in der Kirche, und das ist bis heute so.“
Allerdings bedeute die Jahreslosung auch nicht, immer nur zu lächeln. „Es heißt auch nicht, Probleme unter den Teppich zu kehren.“ Jesus und Paulus seien hier gute Beispiele, denn Jesus hätte „den Machthabern seiner Zeit in das Gewissen“ gesprochen und „Paulus benennt die Missstände in Korinth schonungslos beim Namen.“
Der Vers aus der Jahreslosung steht am Ende des Korintherbriefs. „Nicht erst bei den Grüßen am Briefende kommt er auf die Liebe zu sprechen, schon vorher, im 13. Kapitel, holt er zu einem Lobgesang auf die Liebe aus, der unter dem Namen ‚Das Hohelied der Liebe‘ bekannt geworden ist und mit den Worten endet: ‚Nun aber bleiben Glaube, Hoffnung, Liebe, diese drei, aber die Liebe ist die größte unter ihnen.‘ Die Rede von der Liebe ist gerade deshalb notwendig, weil die Liebe nicht selbstverständlich ist. Das Leben in der Gemeinde in Korinth war nicht das Paradies, und das weiß Paulus sehr gut. Deshalb sind seine Reden über die Liebe auch nicht ‚Schönwetter-Reden‘ oder ‚Sonntagspredigten‘, die mit dem Alltag nichts zu tun haben. Nirgendwo besteht das Leben auf dieser Welt nur aus Liebe. Das ist die bittere Realität. Aber gerade deswegen muss von der Liebe geredet werden, und nicht nur das: Um die Liebe muss gekämpft, gerungen werden. Sie ist, außer wenn man verliebt ist, nie einfach da.“
Liebe sei, so Gorski, nicht etwas einzelnes, eigenes, das allen anderen Dingen gegenüberstünde. „Sondern Liebe ist etwas, das zu allen Dingen hinzukommen – oder eben ihnen fehlen kann. Und je nachdem verwandelt sich ein und dieselbe Sache. Sogar etwas so Gutes wie der Glaube wird ohne Liebe fanatisch, braucht die Liebe, um sich im alltäglichen Leben in Weitherzigkeit und Güte zu verwandeln.“
In Anbetracht der Jahreslosung sei es egal, wie der individuelle Alltag aussehe: „Ob wir allein leben oder zu zweit oder in Familie, ob wir verliebt oder genervt sind, ob wir einen Beruf mit Menschen oder einen an der Werkbank haben, ob wir alt oder jung sind, ob in der Stadt oder auf dem Land leben. Es geht nicht darum, etwas Bestimmtes zu tun. Sondern das, was unser Leben im Alltag bestimmt, die vielen Aufgaben und Kleinigkeit, mit Liebe zu tun und sie dadurch verwandeln zu lassen. Die Liebe ist das Band, das uns mit Gott und allen Menschen verbindet. Liebe kann die Welt verwandeln.“
Den vollständigen Text von Dr. Horst Gorski zur Jahreslosung 2024 finden Sie in: „Die Lesepredigt, 57. Jahrgang 2023/2024“, erschienen im Gütersloher Verlagshaus. Er ist auch zeitlich begrenzt auf der Internetseite der VELKD abrufbar.